Sozialwissenschaftliches Gymnasium

Besser als die „Körperwelten“? Eine faszinierende Reise in die Anatomie des Gehirns 

Was ist die menschliche Psyche und wo befindet sie sich im Körper. Dieser Frage ist die Eingangsklasse des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums nachgegangen. Dafür begaben sich die Schüler*innen auf eine spannende Reise, um das Geheimnis der Psyche zu ergründen und deren Verbindung zu unserem Körper zu verstehen.

Dieses Thema allein in der Theorie auf dem Papier zu ergründen, wäre eine „Beleidigung“ für die Komplexität des menschlichen Körpers. Daher kam in der Klasse die Idee auf, die Ausstellung „Körperwelten“ zu besuchen. Allerdings ergaben die weiteren Recherchen einen neuen, spannenden Kontakt zum Anatomischen Institut der Tübinger Eberhard-Karls-Universitätsklinik und dem Neurologie-Team vor Ort. 

Die Nachricht, dass die Schüler*innen dort nicht nur Organe besichtigen, sondern sie auch mit eigenen Händen erfühlen und erleben könnten, löste in der Klasse Ehrfurcht und Gänsehaut aus. Der Besuch war danach beschlossene Sache. 

Vor den Toren der Anatomie an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen

Besuch des Anatomischen Instituts der Universitätsklinik Tübingen

Doktor Stefanie Klingenstein, eine Post-Doktorandin im Bereich des olfaktorischen (den Geruchsinn betreffend) Systems führte die Klasse einfühlsam durch die Räume der Medizinstudierenden. Zuerst besuchten sie eine historische Ausstellung, die sich mit dem Umgang von Organen während des Zweiten Weltkriegs beschäftigte. Anschließend führte sie die Gruppe zum Flügel des Gebäudes, in dem die Studierenden sowohl theoretisch als auch praktisch in die Präparation von Organen eingeführt wurden. Der Puls stieg, gefolgt von Herzklopfen.

Dr. Klingenstein erläuterte der Gruppe zunächst die Geschichte der Anatomie in Tübingen, die Struktur des Gebäudes und den Aufbau des menschlichen Gehirns. 

Eine „Handvoll“ Hirn

Die Spannung erreichte ihren Höhepunkt, als die Schüler*innen den Präpariersaal betraten. Hier wurden sie zunächst ermutigt, Plastikmodelle des Gehirns zu zerlegen und wieder zusammenzusetzen. Anschließend lud Dr. Klingenstein die Gruppe ein, gemeinsam mit ihr, ausgestattet mit Schutzhandschuhen, einzelne Spenderorgane vorsichtig zu untersuchen und in die Hand zu nehmen.

Die Reaktionen in der Klasse waren erstaunt: "Was, so klein?" Klingenstein erklärte, dass die Organe aufgrund des verwendeten Konservierungsmittels schrumpfen, da es ihnen Wasser entzieht. 

Während die Schüler*innen die Organe genauer betrachteten, stellten sich wichtige Fragen zur Herkunft der Organe und zum Stellenwert des Organspendeausweises in der Gesellschaft. Diese Diskussionen gaben der Erfahrung zusätzliche Tiefe.

Wo ist das Bewusstsein?

Nach dem ersten Schockmoment griffen die Schüler*innen ihre fachlichen Fragen wieder auf, vertieften sich in Gespräche und reichten sich die Spenderpräparate ohne Hemmungen weiter. Dr. Klingenstein erklärte, dass das „Bewusstsein“ im gut geschützten Kern des Gehirns sitzt und Teil des limbischen Systems (eine Funktionseinheit des Gehirns) ist. Eine einfache Faustregel besagt, dass alles, was in der Evolution des Menschen zeitlich zurückliegt, im inneren Kern des Gehirns besser geschützt ist. Dennoch bleibt die Suche nach der Psyche rätselhaft und ist nicht so greifbar wie unser anatomischer Kopf.

Das Gehirn: ein faszinierendes und komplexes Organ

Von Raucherlungen und Umweltbelastungen

Zum Abschluss konnte die Klasse mithilfe von mikroskopischen Spezialrechnern in zahlreiche tierische Nerven- und Muskelfasern, Zahnpartien, Darmwände und Lungenbestandteile blicken. Die extreme Vergrößerung half dabei, markante Stellen zu erkennen und zu verstehen.

"Hä? Da sind ja überall schwarze kleine Stellen in der Lunge. Das ist bestimmt eine Raucherlunge", bemerkte eine der Schülerinnen. Dr. Klingenstein korrigierte und erklärte, dass es sich um eine Nicht-Raucher-Lunge handelte, die sich im Laufe ihres Lebens durch Umweltbelastungen wie Feinstaub oder Abgase verändert hat. Dennoch kann das Immunsystem diese Veränderungen bis zu einem gewissen Grad aushalten, ohne ernsthafte Krankheiten zu verursachen.

Fazit und Dank

Der Besuch des Anatomischen Instituts der Universitätsklinik Tübingen war zweifellos eine faszinierende und lehrreiche Erfahrung. Er ermöglichte den Schüler*innen, den menschlichen Körper auf eine einzigartige Weise zu erkunden und ihr Verständnis für die Anatomie und die Bedeutung der Organspende zu vertiefen. Ein herzlicher Dank gilt dem Anatomie Institut der Universitätsklinik Tübingen, insbesondere Dr. Stefanie Klingenstein, für diese beeindruckende Erfahrung. Weitere Informationen zu ihren Aktivitäten finden sich hier.