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Wie dreht man einen Film in 36 Stunden?

Einen Kurzfilm in 36 Stunden realisieren? "Challenge accepted", dachten sich die AfK-Schüler des Berufskollegs für Mediendesign: Maximilian, Colin, Felix (BK Produktdesign), Nick und sein Bruder Ben. Angeregt durch ihren Animationslehrer Piet Eisenberg nahmen die Fünf im November am INSTANT36-Filmwettbewerb teil.

Der renommierte Wettbewerb kürte dieses Jahr die besten 26 Kurzfilme. Das Festival ist zwar in Österreich organisiert, es darf jedoch über die Grenzen eingereicht werden. Innerhalb von 36 Stunden müssen die zum Wettbewerb angemeldeten Teams einen Kurzfilm zu einem vorgegebenen Thema drehen.

Mit insgesamt 161 Einreichungen war die Konkurrenz intensiv, aber die fünf Jungs schafften es mit ihrem Film „Ronny der Raser“ unter die Top 26 zu kommen und damit auf die Kinoleinwand in Salzburg. Dabei setzten sie sich auch gegen bereits ausgebildete Profis durch, wie uns ihr Lehrer Piet Eisenberg später erzählte.

Auch wenn die Fünf den Film außerhalb ihres Unterrichts produziert haben, freuen wir uns mit ihnen und haben die Gelegenheit genutzt, unseren Schüler Nick, der das Projekt maßgeblich vorangetrieben hat, zum Wettbewerb zu interviewen.

Herzlichen Glückwunsch zu eurem Erfolg. Seid ihr ebenfalls zufrieden?

Nick: Es war für uns alle eine sehr wertvolle Erfahrung, und das schönste Erfolgserlebnis war, den Applaus beim Screening für unseren Kurzfilm zu hören.

 

Wie lief das alles genau ab? Habt ihr den kompletten Film in 36 Stunden realisiert, ohne zu schlafen?

Nick: Wir haben den Prozess in Preproduction, Production und Postproduction aufgeteilt, mit etwa sechs Stunden Schlaf und Pausen zum Essen dazwischen. Vorab hatten wir beschlossen, uns definitiv mit einer Science-Fiction- oder Fantasy-Umsetzung abzuheben. Da wir jedoch keine Zeit für aufwändige Effekte mit Blender oder After Effects hatten, war klar, dass wir uns eine Welt aus Pappe bauen würden.

Natürlich hatten wir im Vorfeld alles vorbereitet, was möglich war, wie das Laden der Kamera-Akkus, das Überprüfen der Speicherkarten und das Besorgen der Pappe. Zu Hause habe ich einen Keller, der fürs Filmen ausgelegt ist und beispielsweise einen Greenscreen hat. Am Samstag um 10 Uhr erhielten wir dann das Thema „Vorne ist immer da, wo Verwirrung herrscht“, verbunden mit der Aufgabe, einen Spiegel im Film einzubauen.

War es das Stressigste, was ihr bisher gemacht habt?

Nick: Stress an sich ist ja erst einmal neutral; es gibt guten Stress und schlechten Stress. An Stress kann man wachsen oder zerbrechen. Persönlich denke ich, dass wir eine Menge Spaß bei der Geschichte hatten und klar war es wegen der engen Deadline stressig, aber wir sind daran gewachsen.

Making-of Ronny der Raser


Was waren die entscheidenden Learnings bei diesem 36-Stunden-Wettbewerb?

Nick: Die Fähigkeit, sich als Team in einem kurzen Zeitraum zu organisieren. Mein Bruder Ben, der auch den Polizisten spielt, hat beispielsweise gemeinsam mit mir das Storyboard gezeichnet, während Colin (Raser Ronny) und Felix die Designs für die beiden Hauptschiffe entworfen haben. Währenddessen haben Ben und ich gemeinsam darüber nachgedacht, wie wir die Geschichte witziger, verständlicher und verwirrender gestalten können. So ist auch die Szene mit den Röhren entstanden, in der die Raumschiffe an verschiedenen Orten auftauchen. Ein weiteres Learning ist, bei einer engen Arbeitspipeline den Rotstift zurückzuhalten – trotz gemachter Fehler – einfach um in kürzester Zeit das beste Material zu produzieren.

Film und Storytelling sind deine Leidenschaft. Wie bewertest du die Vorbereitung des Berufskolleg Mediendesign /Technische Dokumentation im Profil Film und Video hinsichtlich der Filmproduktion?

Nick: Selbst wenn man vorher keinerlei Erfahrung im Umgang mit Kameras hatte, vermittelt das Profil Film und Video definitiv die notwendigen Fähigkeiten. Zudem erwirbt man umfassendes Wissen über die professionellen Abläufe in der Filmproduktion, wie etwa Shotlisten oder Drehpläne. Was ich jedoch als noch bedeutsamer erachte, auch wenn es mich persönlich nicht betrifft, ist die Ermutigung durch Lehrer wie Torsten Kühn und Piet Eisenberg, einfach loszulegen.

Bereits mit fünf Jahren hatte ich eine Filmkamera in der Hand und keinerlei Scheu davor, mich an die Umsetzung zu wagen, ganz gleich, wie es anfangs aussah. Für Personen, die zuvor gar keine Berührungspunkte mit dem Filmemachen hatten, ist es entscheidend, ins kalte Wasser geworfen zu werden, um einfach mal etwas gemacht zu haben. Denn sonst traut man sich nicht, und dann wird es natürlich auch nichts.

Was hast du nach dem Berufskolleg vor?

Nick: Nach dem BK möchte ich weiterhin meine eigenen Storys umsetzen. Ich plane, mich an der Filmakademie in Ludwigsburg zu bewerben, auch wenn es nur sechs Plätze für die Regie gibt. Ich beschäftige mich sehr viel mit Schreibmethoden und Geschichtenaufbau. Es ist mir wichtig, Emotionen beim Publikum auszulösen, sei es Spannung oder Lachen. Als Geschichtenerzähler ist es mein Ziel, weiterhin Menschen durch meine Erzählungen zu berühren.

Vielen Dank für das Gespräch Nick.

Wir haben es uns nicht nehmen lassen, auch Piet Eisenberg zu fragen, wie er den Film der fünf Jungs fand.

Piet Eisenberg: Ich war richtig stolz auf die Jungs. Es ist eine beachtliche Leistung, unter den 26 besten Beiträgen eines klassischen Filmfestivals zu sein, das eher auf den Plot und das Literarische setzt. Das spiegelt sich auch im Feedback der Jury wider, die die Umsetzung als besonders originell und liebevoll bezeichnete. Es ist absolut genial, dies in nur 36 Stunden zu schaffen. Ich bin mir sicher, bei einem Animationsfilmwettbewerb wären sie ganz vorne mit dabei gewesen. Darüber hinaus bereitet sie diese Erfahrung perfekt auf Bewerbungen an Filmhochschulen wie beispielsweise in Ludwigsburg vor, wo es im Bewerbungsprozess eine 72-Stunden-Challenge gibt.

Sind alle Schüler am Berufskolleg Mediendesign / Technische Dokumentation so begabt?

Piet: Man trifft immer wieder außergewöhnliche Talente am BK. Das, was sie auszeichnet, ist, dass sie ein klares Ziel vor Augen haben und es mit Leidenschaft und Aktivitäten verfolgen. Nick besucht beispielsweise freiwillig mein Animations-Profil, obwohl er das nicht müsste. Diese Zielstrebigkeit unterscheidet außergewöhnliche Talente oft von anderen.

Piet Eisenberg war live vor Ort in Salzburg beim Screening
Beim Screening wurden alle 26 Kurzfilme auf Kinoleinwand gezeigt